Vor genau zehn Jahren führte man in Italien – nach dem Vorbild der EUROPÄISCHEN
KULTUR-HAUPTSTADT – die Kulturhauptstadt Italiens ein. Jährlich wird vom Ministerrat
Italiens auf Vorschlag des Kulturministers eine Stadt ausgewählt. PESARO hat den Titel gegen
starke Konkurrenz von Chioggia, Grosseto, Ascoli Piceno,Viareggio, Vicenza, Siracusa, Mesagne,
Sestri Levante mit Tigullio und Paestum – Alto Cilento erringen können und erhält für die Umsetzung
der Projekte eine Million Euro.
Die ersten Bewohner dieses Gebietes waren wohl die UMBRER, die im 9. JH v. Chr. von den PICENERN abgelöst wurden:
junge SABINER siedelten im Gebiet der heutigen Marken: sie nannten sich nach einem SPECHT(Picus), der sie hierher geleitet hatte.
Auf dem Hügel von NOVILARA (unweit von Pesaro) konnten ihre Spuren nachgewiesen werden.
Auf sie folgten im 5. und 4. JH v. Chr. verschiedene Stämme der Gallier, ehe der AGER GALLICUS 280 v. Chr. zusammen mit
dem restlichen heutigen Territorium von Pesaro, den Römern unterstellt wurde, die die Gallier 295 bei Sassocorvaro in einer blutigen
Schlacht besiegt hatten.
Die Romanisierung wurde durch die Verteilung der Äcker und die Gründung von Kolonien begünstigt. Wichtige Ereignisse
kennzeichneten die römische Herrschaft: Die Eröffnung der Konsularstraße VIA FLAMINIA (220/219 v. Chr.), die ROM mit
der ADRIA verband, sowie der Bau des FURLO-Tunnels durch die Truppen von Kaiser Vespasian.
Durch die Invasion der GOTEN und den gotisch-byzantinischen Krieg im 6. JH n. Chr. wurden die beiden Küstenstädte Pesaro
und Fano, sowie viele Bergdörfer zerstört, aber unter der Herrschaft von Byzanz (Exarchat Ravenna), die ca. 200 Jahre
andauerte, wurden Pesaro und Fano zusammen mit Rimini, Senigallia und Ancona zur PENTAPOLI MARITTIMA (fünf
Städte am Meer) zusammengefasst, während im Hinterland die PENTAPOLI ANNONARIA mit Urbino, Cagli, Fossombrone, Gubbio
und Jesi entstand. Die FRANKEN unter PIPPIN dem Kurzen befreiten diese von den LANGOBARDEN besetzten Territorien, die schließlich mit den
beiden PENTAPOLI (754) und der Burg SUTRI an den Papst abgetreten werden mussten und in der Folge den Kern des
Kirchenstaates bildeten (bis 1861).
Gegen Ende des 11. JH wurden die Küstenstädte Pesaro und Fano zu FREIEN GEMEINDEN, ehe sie am Ende des 13. JH
in die Hände der MALATESTA aus Rimini fielen, die zuerst als gewalttätige Usurpatoren, dann als Vikare des Papstes agierten.
In den Bergen des Hinterlandes herrschten neben den Grafen BRANCALEONE auch die MONTEFELTRO, denen Kaiser Friedrich
Barbarossa zunächst SAN LEO als Lehen überlassen hatte und die später (1213) von Kaiser FRIEDRICH II zu Grafen von
URBINO erhoben wurden. Die MALATESTA entlang der Küste und die MONTEFELTRO in den Bergen waren Rivalen, die vom 12. bis zum 15. JH. Um die Vorherrschaft in diesem Gebiet kämpften.
Drückende Schulden zwangen Galeazzo MALATESTA (1445) Pesaro „unrühmlich“ an Alessandro SFORZA zu verkaufen. 1447
wurde Alessandro von Papst NIKOLAUS V als erbberechtigter päpstlicher VIKAR anerkannt; er ließ 1450 im Zentrum der Stadt
den herzoglichen Palast (an der Stelle der Malatesta-Burg) errichten.
Auf ihn folgte 1473 sein Sohn COSTANZO I als Herr von Pesaro, der die ROCCA COSTANZA von Architekt Luciano LAURANA
als zusätzliche Verteidigungsanlage erbauen ließ. Er konnte die Eroberungsversuche von Girolamo RIARIO abwehren, hinterließ aber bei
seinem Tod 1483 nur einen „natürlichen“ Sohn, Giovanni, der zehn Jahre später LUCREZIA BORGIA, die illegitime Tochter
von Papst Alexander VI ehelichte (die Ehewurde 1497 annulliert); 1505 ließ er die ROCCA im Inneren ausstatten.
In den Jahren 1500 – 1503 erobert CESARE BORGIA Pesaro und Giovanni konnte erst nach dem Tod des Papstes wieder in seine
Stadt zurückkehren.
Als die Montefeltro 1508 aussterben, vereinigte Papst JULIUS II Pesaro und URBINO mit den Herrschaftsgebieten seines
Neffen Francesco Maria DELLA ROVERE, der 1530 die Hauptstadt von Urbino nach PESARO verlegte, wo er 1538 auch starb.
1548 heiratete sein Nachfolger GUIDOBALDO II della Rovere, VITTORIA FARNESE und näherte sich damit an den neuen Papst PAUL III
(Farnese) an, der ihn zum Generalkapitän der päpstlichen Truppen ernannte. Er wurde durch seine kostspielige Hofhaltung berühmt: durch die Frau seines Sohnes Francesco Maria II, Lucrezia d’Este, wird Pesaro zum Mittelpunkt des italienischen Literaturbetriebes: einer der berühmtesten Gäste war Torquarto TASSO.
Mit Herzog FRANCESCO MARIA II stirbt das Haus DELLA ROVERE aus und Papst URBAN VIII zieht die Herrschaft als
erledigtes Lehen ein. Pesaro und Urbino werden bis zur Einigung Italiens Teil des Kirchenstaates und von Kardinälen verwaltet.
Der bedeutendste Sohn der Stadt ist der Komponist Gioacchino ROSSINI (1792 – 1868), der dem Theater der Stadt seinen
Namen gab; nach ihm, der einen Großteil seines Vermögens der Stadt hinterließ, ist auch das Konservatorium und ein bedeutendes
Opernfestival benannt. Pesaro war seit dem 14. JH in ganz Europa für seine MAJOLIKAPRODUKTION berühmt.
In der Keramiksammlung des Museo Civico in Pesaro existiert die umfangreichste lückenlos dokumentierte Zusammenstellung der
verschiedenen Sparten und Werke dieses Genres für Italien bis zum 20. JH. Hier kann man auch das berühmteste Gemälde der
Pinakothek, die „Pala di Pesaro“ von Giovanni Bellini aus dem Jahr 1475 bewundern.
Am Ende des 19. und zu Beginn des 20. JH breitet sich Pesaro zum Meer hin aus: neue, gerade Straße werden angelegt und
beeindruckende Villen errichtet. Die für den Fremdenverkehr so wichtige Infrastruktur wurde im letzten Jahrhundert stetig ausgebaut
und auf den letzten Stand gebracht. Eine ähnliche Entwicklung nahm auch die Nachbarstadt FANO, die Reste aus römischer Herrschaft aufzuweisen hat:
AUGUSTUSBOGEN. Hier erinnern die Case Malatestiane und der CORTE an die Herrschaft dieser Familie; in den Sommermonaten finden in diesem Ambiente verschiedene (musikalische) Veranstaltungen statt. – FANO ist ferner für seinen CARNEVAL berühmt, der zweimal im Jahr stattfindet: eine weitere „Ausgabe“ im Sommer – auch für die Touristen.
Erwähnenswert sind in der unmittelbaren Umgebung von Pesaro auch noch die VILLA IMPERIALE: 1468 auf Wunsch von Alessandro SFORZA errichtet, 1530 von Eleonora GONZAGA erweitert, mit gepflegten Gartenanlagen – heute in Privatbesitz. Abschließend soll noch auf die unzähligen
THEATER unterschiedlicher Größe hingewiesen werden.
Allein in der Provinz PESARO – URBINO gibt es 18 Theater mit ca. 4.000 Plätzen (bei einer Gesamtbevölkerung von ca. 350.000 Einwohnern). Nicht nur in den Städten und den Villen, sondern auch in einer Festung wie SASSOCORVARO ist ein Theater erhalten.