Treviso

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Freitag, 1. April 2022, 19 Uhr (ONLINE)
TREVISO – Stadt und Provinz …
PPP DEUTSCH –
DDolm. Trude GRAUE

TREVISO – Venedigs “kleine Schwester”

„Tarvisium“, von den Römern an der wichtigen West-Ostverbindung, der Via Postumia, gegründet, wird 96 v. Chr. municipium; und erlangt, von den Hunnen und Langobarden verschont, 569 als Zentrum eines langobardischen HERZOGTUMS eine erste Blüte. Unter den Karolingern wird es zur GRAFSCHAFT und BERENGAR I, König von Italien, gestattet dem Bischof der Stadt im Januar 950 die Einhebung von Zöllen am Hafen.

Am 3. Mai 1089 belehnt Fürstbischof Aimone von CENEDA Alberto und Guecello da MONTANARA mit der Herrschaft DA CAMINO (heute eine Fraktion von ODERZO), zwischen den Flüssen PIAVE und LIVENZA am MONTICANO gelegen, einer damals schiffbaren Wasserstraße.

1164 erkennt Kaiser Friedrich Barbarossa Treviso als LIBERO COMUNE an, das sich von Konsuln regiert (zu denen 1176 noch ein Podestà dazukommt) durch rund 120 Jahre behaupten kann, ehe ALBERICO DA ROMANO ihm ein Ende bereitet.

1283 errichtet GHERADO DA CAMINO in Treviso eine SIGNORIA und verbannt andere Familien aus der Stadt; als er 1306 stirbt ernennt Kaiser HEINRICH VII von Luxemburg seinen Sohn RIZZARDO (gegen entsprechende Bezahlung) zum VICARIO IMPERIALE. Mit seiner Ermordung, 1312, endet die Signoria der Da Camino.

1329 erobert CANGRANDE della Scala die Stadt, während die Republik Venedig 1339 alle Besitzungen der Da Camino am linken Ufer der Piave (besonders auch den Hauptsitz der Familie in SERRAVALLE) einnehmen kann, worauf der Bischof von Ceneda alle Lehen der Da Camino als erledigt einzieht, da das Geschlecht im Mannesstamm ausgestorben ist.

Nachdem weitere Herrscher (Herzog Leopold von Österreich, Francesco Da Carrara, die Visconti aber auch die Republik Venedig) im 14. JH vergeblich versuchen Treviso zu erobern, unterstellt sich TREVISO 1388 freiwillig der Serenissima Repubblica di Venezia.

Viele venezianische Patrizier lassen sich in der Folge in Treviso und vor allem im CONTADO, dem Umland, nieder und nehmen Einfluss auf die Entwicklung der Stadt. Nach der Eroberung von Konstantinopel durch die Türken (1453), wendet sich Venedig der TERRAFERMA zu, wo weite Landstriche brach lagen und versumpft waren.

Um das Schwemmland der Ebenen des Veneto in Ackerland zu verwandeln und damit die Lebensmittelversorgung der Hauptstadt zu sichern, sind Entwässerungen und Flussregulierungen erforderlich; für diese Aufgaben setzt der Senat von Venedig 1545 eine neue Behörde den „MAGISTRATO dei BENI INCOLTI“ ein.

Unterstützt werden die Bestrebungen des Senats von Venedig durch die Humanisten, die sich auf CICERO und seinen Weg zur Weisheit über die „vita rustica“ berufen und die „Santa Agricoltura“ proklamieren um die venezianischen Patrizier, die Kaufleute waren, für die Landwirtschaft zu begeistern. Agostino Galli lobt das Landleben – die gute Luft, viel Grün, die Vielfalt der Früchte, die Reinheit des Wassers, die üppigen Rebstöcke und herrlichen Gärten. Alvise CORNARO, zuständig für die Trockenlegung, überzeugt mit Zahlen:

Der Wert eines kultivierten CAMPO beträgt 60 Dukaten; ein unkultivierter CAMPO erzielt nur 6 Dukaten; rechnet man zu diesen noch 4 Dukaten für die Trockenlegung dazu, sind es 10 Dukaten. Was einen Gewinn von 50 Dukaten ergibt.

In der Folge lassen sich viele venezianische Patrizier auf der Terraferma, auch in der Provinz Treviso, nieder und errichten die berühmten VILLEN, als Wohnhaus der Herrschaft im Zentrum großer landwirtschaftlicher Betriebe: die VILLEGGIATURA sollte in den nächsten drei JH, bis zum Ende der Republik 1797, dieses Gebiet prägen. Der Niedergang der Serenissima Repubblica hat aber auch Auswirkungen auf die MARCA TREVIGIANA – die marca gioiosa. Die Einnahmen aus der Landwirtschaft reichen nicht mehr aus, um die Ausgaben für das Luxusleben auf dem Land und in Venedig zu bestreiten. Man ist gezwungen Landbesitz zu verkaufen.

Im 1. Weltkrieg wird das Veneto und hier vor allem die Provinz Treviso zum Kampfgebiet (an der Piave, in der Gegend von Montebelluna, Nervesa della Battaglia etc.).

Treviso wird bereits 1916 zum ersten Mal bombardiert. Weitere Zerstörungen und Schäden folgen im 2. Weltkrieg, sie sind erheblich und führen zu weiteren Landverkäufen.

Die nunmehr kleinen landwirtschaftlichen Betriebe sind in der Folge nicht mehr in der Lage die Bevölkerung zu ernähren, es kommt zu Abwanderung: zunächst in die anderen oberitalienischen Regionen wie Lombardei und Piemont, später auch ins Ausland.

Im gesamten Gebiet des Veneto, besonders auch in der Provinz Treviso setzt erst in den 60ger Jahren des 20. JH eine erste Industrialisierung ein, die aus dem äußerst rückständigen Gebiet in relativ kurzer Zeit eine Region macht, in der unzählige Klein- und Mittelbetriebe entstehen, für die ausreichend preiswerter Grund und Boden zur Verfügung steht. Dieser wird maximal genutzt.

Planlos entstehen Wohnhäuser und Industrieanlagen, besonders Klein- und Mittelbetriebe auf dem Gebiet der metallverarbeitenden Industrie, dem Möbel,- Textil- und Schuhsektor. In den 80ger und 90ger Jahren des 20. JH werden beträchtliche Erfolge auch auf dem Gebiet des Weinbaus verzeichnet. Der Fremdenverkehr erlebt einen Höhenflug besonders in Venedig und an der Adriaküste. Diese positiven wirtschaftlichen Entwicklungen führen zu einem stark gesteigerten Verkehrsaufkommen, das noch einer befriedigenden Lösung harrt.

Treviso (rund 87.000 Einwohner) ist die Hauptstadt einer der sieben Provinzen der Region Veneto (neben Venedig, Padua, Verona, Vicenza, Belluno und Rovigo), die praktisch das Gebiet der früheren MARCA TREVIGIANA, der „marca gioiosa“ umfasst.

Schon DANTE ALIGHIERI spricht im Paradiso von der Stadt:

Là dove Sile e Cagnan s‘accompagna, („wo Sile und Cagnan (heute Botteniga) sich zueinander gesellen“) – die beiden Flüsse, die den Charakter der Stadt prägen. Wie in Venedig werden die zahlreichen Kanäle von Gehwegen (fondamenta) und Laubengängen (sottoportici) gesäumt. Der Wasserreichtum ermöglichte schon immer landwirtschaftliche Tätigkeit, das Wasser war aber auch schon immer ein Schutz für die Stadt. Die letzte Stadtmauer wurde 1511 erbaut, die PORTA SAN TOMMASO 1518.

Sehenswert sind in Treviso die Piazza dei SIGNORI, früher das politische und administrative Zentrum mit dem Palazzo dei Trecento, der Loggia dei Cavalieri und dem Palazzo del Podestà, sowie dem Palazzo del Monte di Pietà. Hier befinden sich auch die Kirchen Santa Lucia und San Vito.

Interessant sind auch die Bettelordenskirchen San Francesco (aus dem 13. JH), in der sich das Grabmal von Pietro Alighieri, dem Sohn von DANTE befindet, sowie Kirche und Kloster der Dominikaner SAN NICOLO‘ mit den berühmten Fresken von Tommaso da Modena im Kapitelsaal.

In der Kirche Santa Caterina, aus der Mitte des 14. JH, die heute als Ausstellungsraum verwendet wird, kann man die abgenommenen Fresken der URSULA-LEGENDE aus der abgerissenen Kirche Santa Maria Maggiore bewundern.

Empfehlenswert sind Spaziergänge oder Radausflüge entlang der Flüsse und Kanäle, bei denen man noch alte Mühlen entdecken kann, und wo zahlreiche Lokale die Gäste einladen, die Spezialitäten der Region – den Radicchio rosso oder die buranelli – und ein Glas Prosecco aus der Gegend von Valdobbiadine zu verkosten.